Leben retten in Serie

Die ZDF-Serie „Die Bergretter“ begeistert schon seit vielen Jahren ein Millionenpublikum in ganz Europa. Gerade wird am Dachstein in der österreichischen Steiermark die 16. Staffel gedreht. Ein Besuch am Set und ein Rundgang zu den Drehorten.

Ramsau, Bergretter-Zentrale. Draußen regnet es stetig, drinnen ist es eng: Regisseur und Aufnahmeleiter, Beleuchter und Tontechniker, Maskenbildnerin und Regieassistentin drängen sich neben Requisiten, Monitoren und Scheinwerfern.
Stellprobe: Am Tisch sitzt Pilot Michi (Robert Lohr), von nebenan ist Bergretter Rudi (Michael Pascher) zu hören. Die Tür fliegt auf, Bergretter-Chef Markus (Sebastian Ströbel) und Polizistin Alex (Victoria Ngotsé) kommen herein – ein Rettungseinsatz steht an. Die Schauspieler probieren ihre Dialoge aus, besprechen mit Regisseur Heinz Dietz kleine Änderungen. Denn alles soll so authentisch wie möglich wirken.
Technische Probe, die ganze Szene nochmal von vorn. Zwei Kameras fangen das Geschehen ein. Und dann wird es ernst: „Ruhe bitte, wir drehen!“ Mehrere Minuten lang rührt sich niemand außer den Schauspielern.
Draußen stoppt der Aufnahmeleiter kurz einige Passanten, damit sie nicht vor der Scheibe durchs Bild laufen. Mehrmals wird die Einstellung wiederholt, bis alle zufrieden sind.

Entspannte Stimmung am Drehort

Auf dem kleinen Platz vor der Zentrale stehen nicht nur die Autos, die jeder Fan kennt, sondern auch Scheinwerfer und Reflektoren. Ein paar Schuljungen kommen vorbei und werfen kaum einen Blick hinüber - die Einheimischen leben schon seit 2009 mit den regelmäßigen Dreharbeiten.
Das nächste Bild spielt auf dem Vorplatz. Der Regen wird stärker, Scheinwerfer zaubern Sonnenschein in den grauen Tag, Kameraleute und Technik verschwinden unter Planen und Regenschirmen. Aber auch diese Szene wird wiederholt, bis alles stimmt.
In der Garage direkt nebenan warten etliche Requisiten auf ihren Einsatz, und auch die Schauspieler können hier nochmal ihre Texte proben und auf ihren nächsten Einsatz warten. Ab und zu kommen Fans ein paar Schritte näher, fragen vorsichtig nach einem gemeinsamen Foto. Wenn es gerade passt, lassen sich Sebastian Ströbel, Robert Lohr und die anderen gern auf ein kurzes Gespräch ein. Die Stimmung ist drinnen wie draußen gleich: entspannt.

Nach etwa neunzig Minuten ist die Szene abgedreht, im Film wird sie vielleicht zwei Minuten lang. An jedem Drehtag wird etwa zehn Stunden gearbeitet – ein hohes Pensum. Jedes Jahr kommt das Team, gut 30 Leute, zwischen März und Oktober nach Ramsau, um die neuen Folgen zu drehen.

Hauptdarsteller wohnt in Hamburg

Sebastian Ströbel spielt seit nunmehr zehn Jahren den Leiter der Bergrettung in Ramsau. Für ihn war die Rolle eine große Chance: „Wie es immer so ist beim Glück-Wahrnehmen und Glück-Ergreifen: Man muss bereit sein und natürlich auch etwas dafür tun.“
Bis heute macht ihm das Projekt enorm viel Spaß, auch wenn es mental und körperlich anstrengend ist, vor allem wegen des hohen Pensums. „Außerdem wird ständig der Drehplan umgeworfen, weil wir so abhängig vom Wetter sind. Wir müssen enorm flexibel sein. Und bei mir kommt noch das Reisen dazu, weil ich jedes Wochenende bei meiner Familie in Hamburg sein möchte. Aber es gibt mir ja auch viel zurück.“

Spazieren in der Filmkulisse

In der Bergretter-Zentrale in Ramsau ist es ein paar Tage später wieder voll. Diesmal sind es Fans der Serie, die sich die Drehorte ansehen wollen. Etwa 50 sind gekommen, ihnen allen ist der Anblick des Gebäudes unterhalb der evangelischen Kirche so vertraut ist wie ihre eigene Stadt. Dabei hat die Zentrale nichts mit den echten Bergrettern zu tun, die natürlich auch hier jederzeit bereit sind, Menschen in Not zu helfen.
Sepp Raich, der früher in Ramsau Standesbeamter war, bietet die Führung in der Sommersaison jeden Freitag an. Er kennt die Produktion gut und durfte sogar schon kleine Nebenrollen übernehmen.
Das hier sei ein reiner Drehort, sagt er, deshalb dürfen auch alle Besucher hineingehen und sich dort umschauen, wo sonst das Bergretter-Team seine Einsätze startet. Und sie können sich an den Schreibtisch setzen, von dem aus sonst „der Rudi“ telefoniert, Handys ortet und alles koordiniert.
Dann startet der Tross der „Bergretter“-Jünger zu Emilies Hof. Etwa 40 Minuten dauert der Spaziergang - eine gemächliche Prozession durch den Ort, vorbei an Wiesen und Weiden, Höfen und Hotels.

Das Areal sieht exakt so aus wie im Film, ist aber erstaunlich klein. Die Besucher schauen, staunen und lassen den Ort auf sich wirken. Das mehr als 400 Jahre alte Haus ist in Privatbesitz, steht aber sonst leer, denn in den Drehbereichen darf niemand wohnen, weiß Sepp. Und der Gipfel im Hintergrund ist nicht - wie man vermuten könnte - der Dachstein, sondern ein anderer Berg, der zum namensgebenden Massiv gehört.
Die Fans dürfen auch in das Haus hineingehen, wo sich im Film das Privatleben von Markus, Emilie, Franz und den anderen abspielt. Vermutlich werden tausende Fotos gemacht, ganz sicher aber unvergessliche Eindrücke mitgenommen.

Schauplätze in Ramsau und Umgebung

In der Bergretter-Zentrale wie auch an vielen anderen Orten der Gegend werden in diesem Sommer noch weitere Szenen für die 16. Staffel gedreht – und es wird nicht die letzte sein: Gerade wurden die Verträge bis 2027 unterschrieben. Denn „Die Bergretter“ sind eine der meistgesehenen Serie in Europa. Und die Einheimischen unterstützen die Arbeiten. „Viele sind sehr dankbar, dass die Serie bei uns gedreht wird und wir somit am deutschen Markt stark präsent sind“, sagt Stefanie Drosg vom Tourismusverband Schladming-Dachstein. „Die Bergretter und Schladming-Dachstein gehören einfach zusammen.“ Die Fans kommen hauptsächlich aus Deutschland, aber auch aus der Schweiz, aus Österreich und sogar aus den Niederlanden. Viele von ihnen sind inzwischen Stammgäste geworden.